Interview von Christian Miehe / Alternative Ways mit David Clemmons 

 

1. Ihr habt mal gesagt, das Jud immer genau das ist, was Ihr im Augenblick fühlt. Ist das der Grund für Eure Veränderungen? 

Welche Veränderungen? Ich bin mir nicht sicher, was Du meinst, falls Du damit die Richtung der neuen CD meinst, wir haben nur versucht, das beste zu machen, was wir können, aber nicht zu ändern. Ich wünschte, ich würde die Frage besser verstehen, dann könnte ich besser darauf eingehen. Aber ich denke, je älter ich werde....desto weniger sage ich sofort, was ich denke, sondern denke erstmal ein paar Sekunden nach. Haha 

 

2. Ihr distanziert Euch von "Stonerrock". Warum meint Ihr Euch davon distanzieren zu wollen? 

Wir wollen nicht als irgend eine Art band betrachtet werden, weil wir das noch nie versucht haben. Wir sind nur 3 Leute, die seit 20 Jahren befreundet sind und zusammen gerne Krach machen. Es ist kein Geschäft oder ein trendy Statement, wir wollen nur Musik machen, und ich denke, wir machen da unseren eigenen Weg. Ich glaube, jeder, der Jud kennt, weiss genau, das wir keine "Stoner Rock" Band sind. Natürlich mag ich Kyuss und die Queens (of the Stone Age), habe Gitarre spielen gelernt, vom Zuhören zu Toni Iommi, wie die meisten, aber ich mag genauso Neil Young, PRINCE ODER Björk, und ich hoffe, das die Musik von Jud auch die verschiedenen Einflüsse zeigt, und nicht nur den Weed Rock. (Und vergiss nicht, ich liebe Weed Rock !!!) 

 

3. Ihr habt eine Pause gemacht. Was war der Grund weiterzumachen, der Druck die neuen Songs zu verbreiten oder waren die Songs noch gar nicht fertig und ihr wurdet dazu von anderen aufgefordert bzw. inspiriert? 

Am meisten Schuld an der Pause war eigentlich ich, um ein bisschen mit anderer Musik rumzuforschen, was auch ganz gut für Jud war. Wir waren nie wirklich auseinander, Jud hat eher für eine Weile geruht, und wir kamen mit viel mehr Feuer und Power wieder zusammen, als vorher. Grund dafür waren die Freundschaft, unsere Fans und einem super Typen bei unserem Label. Nicht wegen dem Geld, sondern nur um zu spielen und unsere Musik rauszubringen. Alle neuen Songs schrieben wir nach der Pause, letztes Jahr! Inspiriert werde ich durch alles mögliche, speziell von alten Leuten, die seit 80 Jahren ihr Leben begeistert leben und dies auch heute noch tun. Wenn Du sie auf der Strasse siehst, oder im Cafe, immernoch dabei, erzählen, lachen, und nicht klagen.... 

Und Filme mit wichtigem Inhalt inspirieren mich. Das Leben interessiert mich, wo ich kann, wen ich kann. Ich bewundere Leute, die ihr Leben geben, um in andere Länder zu fahren, um Städte nach Katastrophen wiederaufzubauen, weil sie es einfach tun! MTV oder die meisten neuen Künstler haben gar keinen Einfluß auf mich. Bono und U2 inspirieren mich immer noch, und die Red Hots. Ebenfalls meine Grossmutter und meine Eltern, und früher auch von meinem Grossvater, der vor ungefähr 4 Jahren gestorben ist. Er fuhr für die US Army einen Panzer in Europa, aber er konnte keiner Fliege was zu leide tun. Er starb mitz über 90, als er einen Traktor aus dem See zog, den er vorher bei einem Unfall beim Gras jaeten, hineingesetzt hatte. 

 

4. Ihr/Du schaust kein Fernsehen und hörst auch kein Radio? Wo bekommst Du denn Deine Informationen her, ich meine Du liest dann doch wohl Zeitung oder sowas, oder interessieren Dich auch keine Nachrichten? 

Kein Fernsehen und kein Radio hören? Woher hast Du denn die Information her? Gute Frage, ich bekomme Informationen am liebsten von den Leuten, weil daher auch die Nachrichtennews her stammen. Ich habe News lieber aus der ersten Hand als die abgeänderten Versionen von den grossen Medien, die vielleicht wichtige Details weglassen. Ich rede gern mit Leuten in Bars, spät in der Nacht, und höre den Geschichten zu. Wenn ein alter Mann oder eine alte Frau mit mir reden wollen, langweilt mich das nie. Auf meinem letzten Flug nach Deutschland , ich kam allein, um mit meiner Frau zusammen zu sein, saß ein katholischer Mönch neben mir. Erst sagte erst gar nichts, aber dann hat er wohl bemerkt, das ich zuhören würde, und dann redeten wir zehn Stunden lang über alles, ich meine alles, sodaß wir nach 5 Stunden unsere Plätze tauschen mussten, weil unsere Hälse so weh taten. Ich war echt froh über dieses Gespräch, manche Leute wollten, dass er aufhört zu reden, aber ich nicht. So sind die wirklichen News, und dazu noch viel besser, da Du nichts für zahlen musst! 

 

5. Ihr seid im Mai in Europa bzw. Deutschland. Seid Ihr gerne hier und wie seht Ihr das europäische Publikum? 

Ich liebe es! Ich hoffe, wir werden immer in der Lage sein, in anderen Ländern zu touren, speziell in Europa und Deutschland! Die Leute sind auch anders, wie anderswo in der Welt. Ich liebe es, und ich liebe es, wenn die Leute zuhören! 

 

6. Das aktuelle Album heißt "perfect life". Was soll der Titel aussagen? 

Ironie. Es kann über Dein Leben sein, meines oder von irgend jemand anderem. Die Hauptsache ist, das Du nicht daran glaubst, dass, wenn es perfekt "aussieht", es das auch ist, das ist sehr alltäglich in der USA, viel. hast Du ja "American Beauty" gesehen? Wenn Du etwas verändern willst, dann frage erst Dich selber, und niemanden anders. Hab keine Angst Deinen eigenen Weg zu gehen, dieses ist normalerweise der Richtige! 

 

 

Interview von Jens Gerdes / www.newmind.de mit David Clemmons 

 

Ihr wart auf Tour mit den QUEENS OF THE STONE AGE?

Ohhhh.

 

Nur für einen Auftritt?

(lacht:) Ja.

 

Aber sie haben euch danach als Support-Band eingeladen?

Sie sagten, dass sie uns gerne als Support hätten, aber ich glaube, es ist an der Label-Politik gescheitert, weil wir doch noch etwas zu unbekannt sind. Sie haben vor kurzem MONSTER MAGNET begleitet, aber die Tour wurde inzwischen gecancelled. Sie machen nun ihre eigene Tour. Aber egal.

 

Fühltet ihr euch dadurch denn geehrt?

Oh ja, das war super!

 

Was habt ihr für Musik gehört, bevor ihr JUD startetet? KYUSS, etc.?

Ja, aber nicht ausschließlich. KYUSS habe ich etwa 1994 gehört. Zuvor hörte ich BLACK SABBATH, PINK FLOYD und LED ZEPPELIN, aber ich habe mir selten Bands angehört, die diese Bands nur kopierten. Insgesamt höre ich viel Rock, aber auch Songwriter wie NEIL YOUNG.

 

Habt ihr besondere Einflüsse?

Ja, ich glaube dagegen kann sich keiner wehren. Ich höre z.B. auch PRINCE, BJÖRK, THE GATHERING und JOHNNY CASH.

 

Woher kennst du europäische Bands wie THE GATHERING?

Von einem Freund, ansonsten hätte ich sie in Amerika auch niemals kennengelernt. Genauso MOTORPSYCHO's "Trust us" und "Angels and daemons at play".

 

Ich musste mich in euer neues Album ganz schön lange reinhören, bis es mir gefiel.

Ja, das geht vielen so. Beim ersten Hören sagen die meisten noch, dass es sucked. Man muss schon richtig zuhören und die Texte lesen. Wir verstecken gerne Ironie in der Musik, versuchen sie aber gleichzeitig dunkel zu halten. Ich wollte Musik nie machen, um damit Geld zu verdienen, groß auf Tour zu gehen oder um Menschen damit zu befriedigen.

 

Ich habe noch nichts von Deinem Solo-Projekt gehört, nur mitbekommen, dass es völlig anders als JUD sein soll.

Das stimmt. Aber es gibt trotzdem viele Leute, die beides mögen. THE FULLBLISS ist eine Mischung aus MAZZY STAR und NICK CAVE, aber auch etwas ELEMENT OF CRIME. Wir versuchen es möglichst offen zu halten. Wir haben gerade die vierte CD aufgenommen, von der ich richtig begeistert bin und die in den nächsten sechs Monaten veröffentlicht werden dürfte. Ich finde die neue JUD natürlich auch gut, aber von der FULLBLISS bin ich momentan richtig angetan.

 

Und was waren Deine Gründe, ein Solo-Projekt zu starten?

Ich habe JUD und THE FULLBLISS gleichzeitig gemacht, mich nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf eine der beiden Sachen konzentriert. Ich hätte noch genug Songs für zwei oder drei andere Projekte. Sie kommen mir einfach in den Sinn, und ich hätte keine Lust sie zu verwerfen, sondern will sie irgendwie aufnehmen.

 

Wie ist euer Bezug zu Deutschland?

Wir haben eine Lizenz mit Vielklang vom Nois-o-Lution-Label aus Berlin. Daran gekommen sind wir durch den Freund eines Freundes eines Freundes eines Freundes. Mittlerweile haben wir hier unsere vierte CD veröffentlicht, die sich im Vergleich zu den Vorgängern viel besser verkauft. Und über die Kritiken sind wir bisher total begeistert. Z.B. in Visions: oben im Soundcheck standen Nick Cave und die neue MANIC STREET PREACHERS, und als drittes kamen schon wir. Das ist wirklich unglaublich!

 

Und du hast eine Freundin in Berlin?

Meine Frau! Wir leben manchmal in Los Angeles und manchmal in Berlin, aber über mein Privatleben möchte ich im Interview nicht so gerne sprechen. Sie ist natürlich auch der Grund, warum ich häufig in Berlin bin, aber nicht der einzige.

 

Wo habt ihr mehr Erfolg: in Europa oder Amerika?

In Amerika ist es sehr verteilt. Wir haben Fans in New York, Kansas City und Kalifornien. Es gibt in Amerika zwar einen Trend zum Independent hin wie bei Man's Ruin, aber ich habe den Eindruck, dass wir in keine richtige Schublade passen und den Firmen deshalb nicht so recht in ihren Kram passen.

 

Habt Ihr mit dem Man's Ruin Label schon mal Kontakt aufgenommen?

Ja, sie mochten einige harte Songs, aber scheinbar nicht die verschiedenen Richtungen, die wir gleichzeitig einschlagen. Dabei erscheint mir unsere Musik eigentlich natürlich. Es gibt schließlich keine Regeln, wie Musik auszusehen hat, da es sich dabei um Kunst handelt. Ich mag es lieber, den Leuten etwas vorzulegen und sie dann entscheiden zu lassen, ob sie es mögen oder nicht. Es ist zwar bescheuert vor fünf Leuten zu spielen, aber ich spiele auch lieber vor 100 als vor 600 Leuten. Wahrscheinlich hängt das mit den Gründen zusammen, warum man Musik macht. Wenn Du nur spielst, die Musik hörst, und willst, dass sie die Musik hören und beobachten kannst, wie das Publikum darauf reagiert - das ist schon das Größte.

 

 

Interview von David Bluhm / www.gaesteliste.de mit David Clemmons 



Wenn man sich die abgedruckten Songtexte im Booklet ansieht, fällt auf, daß nicht wie sonst üblich der Songtitel alleine über dem Text steht, sondern jeweils die letzte Zeile vom Rest getrennt wurde - was steckt denn dahinter?

Das war eher ein Zufall - Andrea Hailer, die unser Cover designt hat, hatte einfach mit den Texten herumgespielt, und dann jeweils die letzte Zeile verschoben. Das hat uns sehr gefallen und mir ist nachher erst aufgefallen, daß jeweils dieser letzte Satz recht wichtig für den Song war, als ob es eine Art Essenz wäre. Das ist mir beim Schreiben gar nicht aufgefallen, und daher ist es klasse, daß Andrea die Texte so abgedruckt hat.

 

War das Cover des Vorgängers "Chasing California" ziemlich düster gestaltet, kommt das neue Cover mit hellen Farben und Wolken eher leicht daher, und dann natürlich auch noch der Titel "The Perfect Life".

Man könnte annehmen, daß es hier lustig und luftig zugeht, aber wir wollen damit keine Leute verarschen - wir wollen einfach ehrliche Musik machen, die unseren eigenen Stempel aufgedrückt bekommt, die unseren eigenen Stil hat, und diese Musik ist nicht für Millionen Leute gemacht, sondern sie ist eher für eine kleinere Gruppe von Leuten gedacht. Man könnte das in etwa damit vergleichen, wie sich zum Beispiel Leute für eine bestimmte Farbe in einem Gemälde begeistern können, oder eine bestimmte Kunst-Richtung. Darüber freuen wir uns sehr. Wir sind uns natürlich auch darüber im klaren, daß man seine Platten auch verkaufen muß, aber ich sehe da keinen Grund, warum das jetzt unbedingt gleich 15 Millionen Stück sein müssen - das ist einfach nicht nötig. Ich denke, es sollte einen Punkt geben, an dem eine Band einfach explodiert - wenn eine Band mehr als 15 Millionen CDs verkauft, sollte sie einfach explodieren, verschwinden und etwas anderes machen, Filme drehen oder sonst was. Die Kids sollten einfach mal Geld für andere, einzigartige Bands ausgeben - aber die sehen sie natürlich nicht, wenn alle dasselbe kaufen. Hm, das klingt nach Kommunismus...

 

Was kann man denn über den typischen Jud-Fan sagen? Die Band hat in ihrer Karriere Hunderte Shows gegeben, und da trifft man ja den ein oder anderen mal persönlich. 

Es sind normale Leute, mit denen man einfach alles machen kann - Freunde sein, zusammen arbeiten, Spaß haben, zusammen leben, also einfach normale Leute. Klar gibt es darunter auch Freaks, aber das ist gut so. Mir ist aufgefallen, daß wir auch sehr viele Leute anziehen, die eher Einzelgänger sind. Ich denke, wir geben diesen Menschen eine Möglichkeit, sich zu etwas dazugehörig zu fühlen. Ich gehöre genauso zu diesen Leuten, denn ich war mein ganzes Leben lang alleine, und selbst wenn ich in einem Raum mit Tausenden von Leuten bin, die ich kenne oder die mich kennen, fühle ich mich immer noch alleine. Das scheint auch mit in unsere Musik einzufliessen und dadurch ziehen wir halt Leute an, die einen ähnlichen Charakter wie wir haben." Dann ist es doch sicherlich eine Freude, Konzerte zu geben und gleichgesinnte Menschen zu treffen. "Ja, das ist wirklich großartig. Das Livespielen verbindet mich immer wieder mit der Erde, verbindet mich mit den Leuten, und ich habe die Möglichkeit, etwas zurückzugeben, denn ich habe doch sehr viel Gutes im Leben erhalten, und so kann ich im Gegenzug etwas zurückgeben. Das mögen vielleicht nur eine Handvoll Leute, aber das ist besser, als wenn Tausende zum Konzert kämen und der menschliche Kontakt fehlt - dieser menschliche, persönliche Kontakt ist sehr wichtig im Leben, vor allem in der jetzigen Zeit, in der es diese unglaublichen Menge an elektronisch verarbeiteter Information gibt, und das persönliche Gespräch sehr oft in den Hintergrund tritt. Ich mag den persönlichen Kontakt.

 

Wie war denn dieser Kontakt während der Aufnahmen zum neuen Album, "The Perfect Life"? 

Es gab da einen Moment, an dem alles stimmte. Als wir 'As Long As The Sun Is Out' aufnahmen, und ich mich gerade mit dem Gesang beschäftigte, war meine Freundin (die jetzt meine Frau ist) im Studio, dazu dann natürlich meine besten Freunde und Band-Mitglieder Steve und Hoss, und da habe ich zum ersten mal in meinem Leben gefühlt, daß sowohl die musikalische als auch die persönliche Seite gestimmt hat. 

 

 

Interview auf www.bumbanet.de mit David Clemmons 

 

Euer neues Album "the perfect life" ist jetzt draussen, gibt es da musikalische Änderungen?

Wir haben alle zusammen die Stücke geschrieben und nach der letzten Tour aufgenommen. Einfach gesagt, wir haben einfach versucht das Beste zu machen, was wir können.

 

Glaubst du, dass es notwendig ist, dass sich eine Band mit der Zeit verändert?

Nein, eine Band muss nur ehrlich bleiben, auch mit ihrem musikalischen Stil. Außerdem sollte eine Band immer die beste Musik machen, die sie machen kann.

 

Habt ihr euren Stil schon endgültig gefunden oder denkst du, dass sich dieser noch ändern könnte?

Ich werde nie endgültig zufrieden mit meinem Stil sein, aber ich habe definitv einen. Veränderung kommt und geht.

 

Ihr habt euer Album in Deutschland aufgenommen. Wieso?

Ich liebe Deutschland, die Leute, die Clubs und viele andere Orte. Jeder Ort ist so verschieden. Natürlich liebe ich auch Amerika, aber der Wechsel gefällt mir. Wir freuen uns natürlich auf die Tour in Deutschland.

 

Warum habt ihr euch als amerikanische Band für ein deutsches Label entschieden?

Das Label lizensiert unsere CD's und sitzt in Berlin. Die haben uns auch geholfen ein cooles Studio zu finden, das selbe wo auch unsere zweite CD "innermission" aufgenommen wurde.

 

Was war mit all den Nebenprojekten in den letzten Jahren (z.B. Amen)?

Amen hat nichts mit Jud zu tun. Ein Nebenprojekt ist The Fullbliss, ein Projekt von mir, davon wird man in Zukunft noch mehr hören.

 

Was denkst du über das Internet?

Das Internet suckt, ich hasse es. Verlasst eure Häuser, besucht Leute, redet mit Leuten! Ich hasse es dieses Interview am Computer zu machen und, dass du nicht persönlich zu mir gekommen bist. Vielleicht hast du es versucht? Bin mir nicht sicher, auf jeden Fall mag ich das Internet nicht.

 

Deine Lieblingsband?

Alte Sachen: Black Sabbath, Pink Floyd, Led Zepplin. Neue Sachen: The Gathering, Motorpsycho, Nick Cave, David Lynch Soundtracks.

 

Hast du Ziele in deinem Leben oder mit deiner Musik?

Sich nicht aufgrund von Leuten und Trends zu verändern. Immer einen verschiedenen Weg zu finden an Dinge ranzugehen, hart zuarbeiten, und Leute immer fair zu behandeln.

 

 

Interview auf www.entry-magazin.de mit David Clemmons 

 

Für eine in Deutschland noch ziemlich unbekannte Band ist es ja immer die alte Leier: Zuerst muß sie mal erzählen, wie sich von den ersten Tagen an alles entwickelt hat. Also: Legt los!

O.K., wir waren schon seit langer Zeit befreundet, seitdem wir Kinder sind, und kommen aus Virginia im Osten Amerikas. Vor fünf Jahren haben wir dann unter dem Namen JUD offiziell angefangen und sind seitdem recht beschäftigt: viele Aufnahmen, Demos, Shows, einige Touren in den USA, schon drei Touren in Europa - und jetzt kommt unsere dritte CD, "Chasing California", am 2.9. in Europa ‘raus.

 

Die "Innermission"-E.P. war das erste, was ich von JUD gehört habe, so vor etwa einem Jahr muß das gewesen sein. Die hat mir damals ehrlich gesagt nicht so gut gefallen, und deswegen seit Ihr bei mir auch etwas in Vergessenheit geraten. Als ich jetzt "Chasing California" gehört habe, war ich extrem positiv überrascht und habe Euch fast nicht wiedererkannt. Welcher Sound ist denn nun typischer für JUD?

Live sind JUD typischerweise laut und aggressiv, aber in einem ruhigen Sinne.

 

Und warum hat sich Euer Sound zwischen den beiden Scheiben so stark verändert?

Ich glaube, daß "verändern" im Zusammenhang mit Kunst oder Musik kein guter Begriff ist. Konstante "Evolution" ist passender. Für mich ist Musik Kunst, und Kunst ist Kreativität, einzig und original, und nie dasselbe. Manche mögen damit nicht einverstanden sein, aber ich schreibe, was ich fühle, und ich fühle mich nun ‘mal manchmal unterschiedlich - ich hoffe, daß das bei jedem so ist. Ich bin stolz auf "Innermission", als Songschreiber und Künstler. Das Wichtigste ist die Befriedigung, etwas Anderes gemacht zu haben, etwas Interessantes.

 

"Chasing California" ist für mich ein perfektes Album in der Tradition von Bands wie KYUSS, MONSTER MAGNET oder vielleicht auch SOUNDGARDEN. Siehst Du das auch so, oder wie würdest Du über Euren Stil urteilen?

Das sind großartige, klassische Bands, und natürlich sind sie als Einfluß in meinem Gehirn. Aber ich würde noch die visuelle Inspiration hinzufügen, die mir so mancher cooler Film gegeben hat, und düsterere Künstler, auch aus dem Trance-Bereich, nicht nur gradliniger Rock. Das trifft jedenfalls auf mich zu...

 

Ihr wohnt ja in Venice, CA., was ja zumindest in Europa mit Sachen wie Sonnenschein, Surfen, fröhliches Leben, Hardcore und Funpunk assoziiert wird. Dennoch ist Eure Musik oft sehr düster. Ist mein Westcoast-Bild vielleicht doch nur ein Klischee, oder steht Ihr wirklich in gewisser Weise im Gegensatz zur typischen Westcoast-Szene?

Das Einzige, was wir mit Surfen zu tun haben, ist, daß Hoss, unser Schlagzeuger, es erst kürzlich ein- oder zweimal versucht hat und sagte, daß es ziemlich schwer sei. Yeah, aber natürlich fahren wir Motorrad und gehen zum Strand, aber wir sind halt nicht die echten Ortsansässigen. Wir sind Rednecks aus Virginia, Südstaaten-Jungs, und wir leben wegen der Clubs und der Chicks in LA.

 

Woher kommt denn die Inspiration für die Musik und die Texte?

Vor allem vom Leben. Ich höre mir keine Pop- und Rockmusik an, auch keinen Hardcore. Nicht, daß ich gar keine populäre Musik mag, aber ich höre mehr dunkle, persönlich Sachen. Ich mag zum Beispiel PORTISHEAD und die skandinavischen SIEGMAN, auf die mich ein netter Freund aufmerksam gemacht hat. Von den älteren Sachen BLACK SABBATH, NEIL YOUNG, BOB DYLAN natürlich, LED ZEPPELIN und MILFORD T aus Hannover - ein cooles Mädel, das so ziemlich die besten Sounds macht, die ich je gehört habe.

 

Und was wollt Ihr vor allem mit Eurer Musik ausdrücken?

Die Würdigung guter Tage, die Anerkennung des Blödsinns, Ironie, Unterdrückung und Einsamkeit.

 

Wenn man Eure Credits liest, dann scheint es für Euch immer etwas ganz Besonderes zu sein, wenn Ihr auf Tour seid; es scheint, als hättet Ihr in dieser Zeit immer viele Freunde gemacht. Ist das so, und was waren Eure besten Erfahrungen on tour?

Großartigen Leuten vorgestellt zu werden, die anders auf das Leben blicken als die Leute, mit denen ich normalerweise zu tun habe. Ich liebe es, mit meinen Freunden zu tun zu haben und neue kennenzulernen; für mich ist das der endgültige Moment des Glücklichseins. Mit einigen guten Freunden zusammenzusitzen, etwas zu essen oder zu trinken dabei, einfach über nichts reden, ohne Arbeitsdruck - und ohne Getratsche! Ich kann mich an so viele Erfahrungen während dieser letzten drei Touren erinnern, auf denen wir Zeit mit guten Freunden aus Berlin, Kassel, Hannover und Nuenchritz (Anm.: ??? Meint er evtl. München?!) verbracht haben, daß es schwer ist, eine oder zwei hervorzuheben: Aber das beste war wohl, als wir eine kleine Stadt Namens Schmalkalden verlassen haben und überall Eis und Schnee war: Unser Roadie Sol schlief, unser Fahrer fing an, von der Straße zu rutschen und sagte "Oh Scheiße" - in einer ruhigen, aber hilflosen Art - und ich blickte hoch und wir rutschten auf den Straßengraben zu, der bestimmt zwei Meter tief war. Hoss weckte also Sol auf und rief "Sol! Wir bauen einen Unfall!", und dann lagen wir auch schon im Graben. Zum Glück war nichts kaputtgegangen, und Ralf ist dann zum nächsten Bauern getrampt, kam mit so einem kleinen Traktor wieder - sah lustig aus, denn Ralf ist über zwei Meter groß - und hat uns dann mit einer Kette wieder aus dem Graben gezogen. Das war eine interessante Erfahrung, und zum Glück wurde niemand physisch verletzt, nur im Kopf waren wir alle etwas durcheinander.

 

Seht Ihr Euch eigentlich mehr als eine Studio- oder als ein Live-Band?

Als Live-Band. Wir lieben es, Konzerte zu geben und hassen das Üben. Aber im Studio sein ist auch cool, nur haben wir fast nie genug Geld, um unsere Platten aufzunehmen, wodurch wir natürlich Streß im Studio bekommen. Aber das Beste ist und bleibt, live zu spielen.

 

Mal abgesehen von Musik, was interessiert Euch sonst noch so? Wie verbringt Ihr Eure Tage, wenn Ihr gerade keine Musik macht?

Ich arbeite gerne mit Holz, denn mein Vater ist Tischlermeister, und ich versuche Sachen zu machen, die fast so gut sind wie seine, nur bin ich leider nicht ganz so gut. Steve macht Computergrafiken, bastelt an seinem 69er Pontiac Firebird herum und treibt Sport. Hoss mag es, auf meinem Motorrad durch Venice zu kurven, an seinem 72er Dodge Pickup zu arbeiten und Whiskey zu trinken.

 

Könnt Ihr eigentlich von Eurer Musik leben, oder habt Ihr nebenbei noch Jobs?

Wir wünschten, wir hätten Jobs, aber niemand will uns mehr, denn alle wissen, daß wir eh nach einiger Zeit wieder gehen. Deshalb machen wir nur etwas Gelegenheitsarbeit.

 

Eine kulturelle Frage: Wenn Ihr die USA mit dem Europa, das Ihr kennengelernt habt, vergleicht - welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten könnt Ihr feststellen?

Ich bin der Meinung, daß die Amerikaner ein bißchen naiv sind. Sie wissen zwar viel über Information, aber sie verstehen es nicht so gut wie die Europäer, Spaß am Tag zu haben. Durch das Fernsehen sieht es so aus, als wäre jeder in Amerika glücklich, aber die meisten Leute, die arbeiten, hassen ihre Jobs. Sie arbeiten und schlafen und arbeiten und schlafen und arbeiten... und meinen, ewig leben zu können, wenn sie fettfreies Essen zu sich nehmen und Hähnchen und nicht rauchen und nicht trinken und keinen Kaffee trinken. Nur, um alt und furchtbar zu werden? Das ist meine Meinung zu den Amerikanern!

 

Wenn Ihr Euch so die Welt anschaut, welchen Rat würdet Ihr ihr gerne geben? Was denkt Ihr über die gegenwärtige Situation der Menschheit?

Eine gute Frage für mich! Ich mag es nicht, wenn Leute sagen, daß die Welt heute so beschissen ist und daß wir wieder zu den guten alten Zeiten zurückkehren müßten. Weißt Du was das für Zeiten waren? Keine Frage, im Vergleich zur Vergangenheit ist es heute viel besser, die Leute sind bewußter für Dinge wie Rassismus, Glück und das Bedürfnis nach Gleichheit und Frieden. Wenn die Medien ein kleines Erdbeben oder eine Schießerei zeigen, dann sieht gleich die ganze Welt aus wie Armageddon. Ich sage: Werft einen Blick in die Geschichtsbücher und vergleicht! Die Amerikaner sagen, daß die 50er toll waren, aber das ist Mist. Es gab damals so viele Vorurteile. Und wir mußten erst den 2. Weltkrieg durchmachen, um alle von ihren Ärschen hochzukriegen und etwas zu tun. Wie auch immer, ich meine, man muß ein Beispiel dafür sein, daß man versteht, daß das Schlechte existiert und existieren muß, um eine Basis für das Gute zu bilden. Sonst könnte man unser Glück überhaupt nicht bewerten. Es ist besser zu versuchen, die unerfreulichen Dinge, die geschehen, zu verstehen und akzeptieren (und wenn möglich zu versuchen, sie zu verhindern), als sie mit Haß und kindischen Urteilen zu bekämpfen.

 

Gibt es noch irgend etwas Spezielles, daß Ihr unseren Lesern gerne mitteilen würdet?

Wenn Ihr über JUD und deren Mitglieder lest, dann wißt, daß es ein langer, langer Weg war, auf unser heutiges Level zu kommen, auch wenn das noch nicht viel ist und wir hoffen, noch weiter zu kommen. Aber wir haben versucht, unsere Musik einzigartig und durch das Leben inspiriert zu erhalten, anstatt uns am Pop oder am Geschäft oder an der Mode zu orientieren. Ich kann nur hoffen, daß die Fans das gutheißen und wissen, daß wir für sie da sein wollen, um Spaß zu haben, verrückte Shows zu spielen und unsere Tage zu genießen...